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Mit Rindern gegen den Klimawandel - KUHproKLIMA

Ein Projekt für nachhaltiges Weidemanagement

Christine Bajohrs Antwort auf den Verlust von fruchtbarem Boden auf Weideflächen

Enge Herdenführung auf kleinen Weideparzellen, die jeweils nur kurz, dafür aber gleichmäßig beweidet werden und sich danach lange erholen können. – Holistisches Weidemanagement könnte die Antwort sein auf anhaltende Trockenperioden, Humusverlust und schwindende Artenvielfalt auf den Weiden der Welt.

Viele Begriffe ein Grundgedanke

Holistisches Weidemanagement, regenerative Weidewirtschaft, Mob Grazing – das sind nur drei Bezeichnungen für ganz ähnliche Grundideen. Nämlich Weidesysteme, die sich ganz nach Art der Permakultur an den natürlichen Bedingungen und Bedürfnissen der Weidetiere und auch der Weide orientieren. Die kurze, gleichmäßige Beweidung einer kleinen Weideparzelle, die sich anschließend 28-30 Tage lang erholen kann, ist bisher nur in trockenen und halbtrockenen Standorten des globalen Südens bekannt. Hier entstand sie vor allem aus der Notwendigkeit heraus, knappe Weideflächen vor Überweidung zu schützen und damit die eigene Lebensgrundlage zu erhalten.

Auf der Suche nach einem für die Trockenheit geeigneten Weidesystem stoßen derzeit aber auch Betriebe aus bisher regenreichen Regionen immer wieder auf diese Art der Weidewirtschaft.

Christine Bajohr hat in Deutschland mit KuhproKlima ein Projekt gegründet, in dem Wissenschaft und Praxis gemeinsam die Wirksamkeit dieser Methode erforschen. Die Kuh könnte so endlich ihren Ruf als Klimaschädigerin verlieren und zur wahren Klimaschützerin werden. In einem Gespräch hat uns Christine erklärt, wie das genau aussieht.

HUMINTECH: Bei KUHproKLIMA geht es um die Erprobung neuer klimafreundlicher Weidehaltung. Acht Landwirtinnen und Landwirte aus dem Allgäu wirken daran mit. Auf wessen Mist ist diese Idee gewachsen? ;)

Christine:…na einmal darfst du raten…. Meine Konzeptidee habe ich dann aber zusammen mit Franziska Hanko (M. Sc.) weiterentwickelt, als dann die Möglichkeit bestand, EU-Fördermittel für die Umsetzung zu beantragen. Franziska Hanko leitet jetzt auch den wissenschaftlichen Teil im Projekt. Uns war es wichtig, dass wir ein kollaboratives Projekt auf den Weg bringen, bei dem sich Wissenschaft und Landwirtschaft auf Augenhöhe begegnen und gemeinsam an den wirklich relevanten Fragestellungen arbeiten können. Unser Ziel ist, die Ergebnisse so aufzuarbeiten, dass sie dann sowohl in der alltäglichen Praxis umgesetzt werden können, als auch mit anderen Studien vergleichbar sind. Ein besonderer Fokus liegt bei KUHproKLIMA auf der Interaktion von Kuh, Pflanze und Bodenleben.

HUMINTECH: Warum ist das heute noch relevant? Können wir nicht alle Hafermilch trinken?

Christine: Um auf das Klima, bzw. den Kohlenstoff- und Wasserkreislauf Einfluss nehmen zu können, bedarf es mehrjähriger Grünpflanzen, die aktiv Fotosynthese betreiben und fast ganzjährig Biomasse produzieren. Unerlässlich ist dabei ein aktives und ungestörtes Bodenleben-Netzwerk, das stabile Humusaggregate bildet, die Nährstoffversorgung der Pflanzen übernimmt und die Wasserhaltefähigkeit im Boden überhaupt erst ermöglicht. Ohne Wasser keine Fotosynthese. Damit diese Kreisläufe funktionieren bzw. geschlossen werden können, müssen unzählige Organismen am Werk sein. Diese kümmern sich um unterschiedliche Abbau- und Zersetzungsprozesse, Nährstoffumwandlung und -freisetzung, um Reproduktion, Erneuerung und Aufbau. Ein hohes Maß an Artenvielfalt hält die Kreisläufe stabil. „Die Kuh“, die in einem Herdenverband ihrer Art entsprechend wirken kann, bildet strukturreiche Weidelandschaften, die genau die oben beschriebenen Ökosystemleistungen erbringen können. Ohne die Regeneration der wichtigsten Ökosystemprozesse wird es nicht möglich sein, den Klimawandel aufzuhalten, bzw. umzukehren. Man kann Hafermilch trinken – falls das schmeckt. Für das Klima bringt das meiner Ansicht nach nichts. 

HUMINTECH: Du hast Boden-Mikrobiologie bei Dr. E. Ingham studiert, bewirtschaftest seit über 20 Jahren einen Bergbauernhof und warst schon in der Vogue. Aber was war für dich persönlich das Highlight in den letzten Jahren?

Christine: Der gemeine Mistkäfer! Der hat sich wieder auf unseren Flächen sehen lassen und mit ihm sind nach und nach weitere Spezialisten (wir nennen sie unsere „freien Mitarbeiter“) auf unserem Hof eingezogen. Es ist immer wieder verblüffend, wie schnell „die Natur“ reagiert, wenn man das eigene Verhalten in ihrem Sinne ändert.

HUMINTECH: Was erhoffst du dir von der Farm-Food-Climate-Challenge? Und wie schaffst du dir dafür überhaupt Freiraum?

Christine: Nun, wir haben z. B. Kühe, die sich draußen ihr Futter selbst holen können und Pflanzen, die sich ihre Nährstoffe über das Bodenleben anliefern lassen. Im Prinzip ist ja immer alles eine Frage des Managements und der Zielsetzung. Aber es ist schon so, dass gerade zur Erntezeit viel zusätzliche Arbeit ansteht und dann sind die Tage gefühlt zu kurz und die Nächte sehr lang…

Für unser Projekt ist es wichtig, dass wir gut vernetzt sind und auch unsere „Message“ an den richtigen Stellen (Politik/EU/Behörden) platzieren können. Die Teilnahme an der FFC-C hat auch schon Wirkung gezeigt. Ein Wissenschaftler, der sich ebenfalls intensiv mit dem Bodenleben-Netzwerk beschäftigt, arbeitet jetzt offiziell bei unserem Projekt mit. Jetzt sind fast so viele Wissenschaftler wie Landwirte dabei. Echt kuhl!

Und dann ist da noch die Sache mit der Finanzierung. Wir haben keinen Projektträger im Hintergrund, der die verbleibenden 20% Eigenanteil übernimmt. Da KUHproKLIMA aber ein gemeinnütziges Projekt ist (Spendenquittungen können ausgestellt werden) hoffen wir, dass wir genügend Förderer finden, die uns darin unterstützen können. Es würde uns freuen, wenn über „Project Together“ auch Kontakte zu potenziellen Projektunterstützern entstehen, die uns auf unserem Weg begleiten möchten.

Mehr Informationen über KUHproKLIMA, Mob Grazing und Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie auf kuhproklima.de. Wir bedanken uns bei Christine Bajohr für Ihre Zeit und sind gespannt auf die Ergebnisse des Forschungsprojekts.
 

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