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Granit trifft Humus

Granit trifft Humus

angewandte Bodenliebe für deutschen Qualitätswein und -Spirituosen

Jan Mühlena ist für Humintech zu Besuch bei Martin Doll, der im wunderschönen Durbach bei Offenburg eine Jahrgangsbrennerei für Qualitätsliköre betreibt. Zudem baut er Wein auf den sonnenbeschienen Steillagen des westlichen Schwarzwaldes an. Im Tal wachsen diverse Obstsorten für seine erlesenen Brände.

Jan Mühlena: Herr Doll, vielen Dank für Ihre Zeit. Fangen wir beim Betrieb an: Wie lange gibt es Sie schon?

Martin Doll: Wir sind ein Weinbaubetrieb in vierter Generation.

Jan Mühlena: Und wieviel Hektar bewirtschaften Sie?

Martin Doll: Reben haben wir rund 7 Hektar, 2 Hektar für Erdbeeren, 1 Hektar Tafelkirschen und 3–4 Hektar Brennobst, zum Beispiel Williamsbirne. Und noch etwas Wald für Weihnachtsbäume. Ein klassischer Mischbetrieb, so dass man immer was zu schaffen hat.

Jan Mühlena: Was davon ist weniger aufwändig und was eher pflegeintensiv?

Martin Doll: Es gibt hier im Betrieb noch sehr großen Nachholbedarf, was Technisierung angeht. Von den 7 Hektar Reben habe ich rund 3 Hektar Steilstlage, wo man mit dem Schlepper eigentlich gar nichts machen kann, das geht nur mit dem Stahlseil. Da haben wir eine Neigung von 40 Grad, also 70 Prozent Gefälle, und dann auch noch mit Mauern dazwischen. Das ist eigentlich mehr ein teures Hobby als Geldverdienen. Meine Generation macht das noch, wie es danach ausschaut, müssen wir mal sehen. Pflanzenschutz ist in den Steillagen quasi die größte Arbeit, weil es termingebunden ist. Heute muss ich wieder los, wenn das Wetter mitspielt. Die Erdbeeren machen zum Großteil die Erdbeerpflücker.

Jan Mühlena: Wie viele Saisonkräfte haben Sie da?

Martin Doll: Im Moment sind es 10 Pflücker aus Polen und Rumänien.

Jan Mühlena: Gab es Auswirkungen aufgrund der Pandemie?

Martin Doll: Die Arbeiter waren eigentlich immer da, wenn ich sie gebucht habe. Aber der Verkauf aus dem Winzerkeller hat sich verändert, vom Direktvertrieb ging es in den Einzelhandel, wo die Margen kleiner sind. Das werden wir in den nächsten Jahren zu spüren bekommen.

Jan Mühlena: In der Region gibt es beinahe alle zwei Wochen hier und da ein Fest, wo Menschen zusammenkommen und Wein trinken. Aber das fiel ja jetzt alles flach. Ging der Weinkonsum runter?

Martin Doll: Also bei uns im Betrieb haben wir jetzt genauso viel Wein verkauft wie vorher, bloß zu andere Konditionen. Die Leute kaufen die Flasche Wein nun im Lebensmitteleinzelhandel statt im Fachhandel und trinken den Wein zuhause. Der Fachhandel liegt im Sterben, deutschlandweit. Jeder Einzelhandel installiert mittlerweile ein Weinsortiment, mit schönem Ambiente, zum vernünftigen Preis. Aber die Konditionen, die wir als Winzer dann bekommen, können Sie sich vorstellen. Wir haben auch den Direktvertrieb über das Internet ein bisschen forciert, besonders für den Schnaps, aber das macht auch einen Haufen Arbeit, das ist kein Selbstläufer. Die Produkte muss man dann erst einmal bewerben.

Jan Mühlena: Der Gin, das ist eine feine Sache, den habe ich mir auch schon bestellt. Der ist wirklich gut.

Martin Doll: Ja, das läuft auch nicht schlecht mit dem Versandhandel. Das machen wir jetzt schon 15 Jahre, da hat man eine Stammkundschaft.

Jan Mühlena: Jetzt haben Sie ja PerlHumus eingesetzt in den Erdbeeren – im Wein kommt er jetzt noch in den Boden – was erhoffen Sie sich davon?

Martin Doll: Einfach eine zusätzliche Humusversorgung – und um das Bodengefüge langfristig zu verbessern, so die nächsten 10–15 Jahre. Wir wollen auch besser gewappnet sein für Trockenphasen, wie wir sie '18 und '19 erlebt haben. Ich habe zwar einen Brunnen genehmigt weil ich seither mit großem Aufwand das Wasser mit dem Schlepper aus dem Tal Tank herbringen muss. Wenn es so trocken ist, und ich benötige 6 Liter pro Stock, dann habe ich 30.000 Liter pro Hektar – und ich bewirtschafte allein 7 Hektar. Wie soll ich das fahren? Ohne Pumpe eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Und auch die Tröpfchenbewässerung in den Erdbeeren ist genug Aufwand, das muss ja alles kontrolliert werden.

Jan Mühlena: Ja, das sollte man schon ausnutzen, Regenfälle über eine verbesserte Wasserhaltefähigkeit des Bodens einen längeren Zeitraum nutzbar zu machen. Die Bodenbedeckung reduziert dann noch zusätzlich die Verdunstung. Welche Böden gibt es hier vorrangig?

Martin Doll: Hier die Zone vor uns ist unterteilt in Granitverwitterungsboden, der durch die Absenkung vom Oberrheingraben entstanden ist, mit einer Mächtigkeit von bis zu 10 Metern. Im unteren Bereich ist Sandstein und da vorne im Tal haben wir Lössböden mit einem pH-Wert von 7,5. Da hinter uns gibt's sauren Boden, magnesiumarm, humusarm.

Jan Mühlena: Das sieht man, hier vor unseren Füßen zum Beispiel die Granitsteinchen, beziehungsweise dieser fast grobsandige Untergrund aus Granit. Also ein mineralischer Grund für den Wein. Ist das gut für den Wein und wenn ja, warum?

Martin Doll: Deswegen wächst der hier, weil das super funktioniert. Ein typisch mineralischer Riesling – ein Qualitätswein.

Jan Mühlena: Und damit hat man dann quasi die Kombination aus einer guten Mineralik im Boden und dem Humus. Warum ist das so wichtig, für einen Qualitätswein Humus im Boden zu haben?

Martin Doll: Diese Granitböden sind wasserdurchlässig und flachgründig zum Teil. Da geht die Rebe sofort ins Defizit im Sommer, wenn es mal vier Wochen nicht regnet. Die Rebe muss ja nicht das ganze Jahr voll im Wasser stehen, aber es hat sich über die letzten Jahre gezeigt, dass es dort besser läuft, wo Humus im Boden ist.

Jan Mühlena: Das heißt, die Wasserhaltefähigkeit wird verbessert. Luftversorgung ist in Ihren Böden ja kein Problem. Haben Sie eine bessere Mineralstoffaufnahme mit mehr Humus im Boden gemerkt?

Martin Doll: Ja absolut. 3 Prozent Humus sind sicherlich kein Fehler.

Jan Mühlena: Jetzt muss ich nochmal konkret nachfragen: was düngen Sie und wie viel im Jahr?

Martin Doll: Also normalerweise gehen wir in jungen Lagen auf die 70 N, in einer Gabe. Kalkstickstoff meistens. Früher habe ich N-Tech genommen, aber damit haben wir ein paar Mal Schiffbruch erlitten – da kam der Stickstoff im Frühjahr nicht wegen der Trockenheit, dafür dann aber im Herbst, wenn er nicht da sein soll. Kalkstickstoff kommt gemächlich mit der Temperatur und ist dann im Herbst schon weg, das ist top. Einige bemängeln aber, dass dabei Bodenorganismen absterben nach der Gabe.

Jan Mühlena: Wenn Sie viel mit Huminstoffen arbeiten, werden diese Probleme etwas abgemildert; eine höhere Pufferkapazität im Boden, Unterstützung des Bodenlebens und man kommt mit weniger Dünger aus.

Martin Doll: Das ist gut.

Jan Mühlena: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten für die Landwirtschaft, was wäre das?

Martin Doll: Für die Agrarpolitik würde ich mir wünschen, dass weniger Lippenbekenntnisse und mehr echte, umsetzbare Lösungen kämen. Die Verbraucher wünschen sich gleichzeitig mehr Tierwohl, mehr Nachhaltigkeit, aber wollen dennoch billig einkaufen. Und von oben kommt da einfach nur Druck, im Namen der Wählerstimmen. Einige der Betriebe hier im Umkreis haben auch grüne Kreuze aufgestellt, als Hilfeschrei. Bauern haben eh für die viele Arbeit relativ wenig Geld. Jeder Bauer, der sein Engagement irgendwo anders einbringen würde, könnte ein Vielfaches verdienen. Und das merkt man jetzt an der Jugend: seit über 10 Jahren haben wir jedes Jahr nur 2 Auszubildende, wo es 20 bräuchte, um die Hofnachfolge zu sichern. Einige lernen sogar im Agrarbereich, Landmaschinenmechaniker oder in landwirtschaftlichen Spezialfirmen, aber die Arbeitswut der Bauernsöhne ist so gefragt, die kriegen ruckzuck ein gutes Gehalt und kommen nicht mehr zurück.

Jan Mühlena: Ich kenne das auch von den Gemüsebauern, da ist es genau so. Aber wenn die Vergütung hier im Weinbau oder im Agrarbereich genauso wäre – dann würden die eher hier wieder arbeiten, weil es doch auch mit Leidenschaft zutun hat, oder nicht?

Martin Doll: Ja, klar, aber ich sehe das nicht kommen. Da ist diese Doppelmoral, man wolle die Bauern stärken, aber gleichzeitig schließt man Handelsabkommen mit Südamerika ab, dass die ihr Rindfleisch herbringen können, für kleines Geld.

Jan Mühlena: Ja, verstehe. Diese Region hier, aber auch den Weinbau generell, wie sehen Sie die in 30 Jahren?

Martin Doll: Ich denke ein paar Lagen werden liegenbleiben, wo man schlecht wirtschaften kann. Es wird sich vermutlich eher auf die Lagen konzentrieren, wo man täglich sichern kann. In einer guten, fremdverkehrsbetonten Gemeinde wäre die schlechte Lage auch noch gepflegt, des Aussehens willens. Aber es wird mit Sicherheit Ecken geben, die einfach zuwachsen werden. Das ist jetzt nicht nur im Weinbau so, das sehe ich generell für den ganzen Schwarzwald so. Es kommen sicherlich auch Änderungen in der Nutzung, weniger Wein, stattdessen Weihnachtsbäume oder Ziegenhaltung, aber ganz aussterben werden die Betriebe vermutlich nicht.

Jan Mühlena: Sind Sie in den sozialen Medien aktiv?

Martin Doll: Wenig. Betrieblich machen wir ein bisschen was, ab und an mal ein Foto bei Instagram rein, aber da könnte man noch einiges mehr machen. Gerade für die Onlinevermarktung ist das super. Mir fehlt da aber die Zeit und ein bisschen auch der Wille. Meine Kinder sind noch nicht so weit, aber mal schauen, vielleicht machen die in Zukunft was.

Jan Mühlena: Ich bin sicher, da werden sich Lösungen auftun. Wir wünschen Ihnen alles erdenklich Gute, für Sie und die Region! Herr Doll, vielen Dank für das Gespräch!

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