ISO 19822:2018 als neue Norm für die Bestimmung der Konzentration von Humin- und hydrophoben Fulvosäuren in Düngemitteln.
Humin- und Fulvinsäure sind Begriffe, die sich nicht auf diskrete chemische Verbindungen oder Moleküle beziehen, sondern auf ihre Löslichkeit in wässrigen Lösungen bei verschiedenen pH-Werten (alkalisch bis sauer). Während Huminsäuren nur unter alkalischen Bedingungen löslich sind, sind Fulvosäuren sowohl unter alkalischen als auch unter sauren Bedingungen löslich. Die Fraktion, die auch unter alkalischen Bedingungen unlöslich bleibt, wird als Humin bezeichnet. Die verschiedenen Fraktionen der Huminstoffe sind also nur operationell definiert.
Diese unterschiedliche Löslichkeit der verschiedenen Huminstofffraktionen lässt sich durch die unterschiedlichen Verhältnisse der (hydrophilen) funktionellen Gruppen zu den (hydrophoben) Kohlenstoff-Kerngerüsten von Humin, Huminsäuren und Fulvinsäuren erklären. Während die (unlösliche) Huminfraktion aus sehr großen Makromolekülen von bis zu einigen hundert Dalton besteht, weisen die hochlöslichen Fulvosäuren eine relativ kleine Molekülgröße von meist nur einigen hundert Dalton auf.
Da es keine definierbare Molekülstruktur für Huminstoffe gibt, stehen nur indirekte Methoden zur Bestimmung des Gehalts an Humin- und Fulvinsäuren zur Verfügung. Frühe Versuche zur Bestimmung von Huminstoffen basierten auf kolorimetrischen Methoden, wobei davon ausgegangen wurde, dass der gelöste organische Kohlenstoff, der für die unterschiedliche Intensität der Braunfärbung in Gewässern verantwortlich ist, sich auf unterschiedliche Konzentrationen (gelöster) Huminstoffe bezieht. Aus diesem Grund wurden Standards wie die Aldrich-Huminsäuren zur Herstellung eines Standards verwendet, um diesen mit der betreffenden Probe zu vergleichen. Neben dem Problem, dass die braune Farbe nicht nur durch Huminstoffe, sondern auch durch nichthumifizierte Stoffe wie Ligninsulfonate oder Melasse verursacht werden kann, kann diese Methode nicht zwischen Humin- und Fulvinsäuren unterscheiden.
Spätere analytische Ansätze wie der Standard des California Department of Food and Agriculture (CDFA) konzentrierten sich auf die gravimetrische Bestimmung von Huminsäuren auf der Grundlage ihrer Definition als alkalisch lösliche, aber säureunlösliche Fraktion der Huminstoffe. Da sich die CDFA-Methode aber prinzipiell nur auf die fällbare Fraktion bezieht, ist sie nur für die Bestimmung von Huminsäuren anwendbar. Darüber hinaus berücksichtigt diese gravimetrische Methode nicht, dass die Fällung von Huminsäuren unter sauren Bedingungen nicht nur aus (organischen) Huminsäuren bestehen kann, sondern auch aus unterschiedlichen anorganischen Anteilen wie Ton aufgrund der sehr stabilen Ton-Humus-Komplexe in den Huminstoffen, die bei der Fällung nicht abgetrennt werden.
Ein weiterer Ansatz speziell zur Bestimmung von Huminsäuren in Braunkohlen und Ligniten wurde vom ISO/TC 27 Coal and coke unter der Bezeichnung ISO 5073 „Braunkohlen und Lignite - Bestimmung der Huminsäuren“ veröffentlicht. Dieser Ansatz bezieht sich nicht nur auf die Bestimmung von „freien“ Huminsäuren, die mit Natriumhydroxid extrahiert werden, sondern darüber hinaus auf die Bestimmung des Gesamt-Huminsäurengehaltes mittels Extraktion durch Natriumpyrophosphat. Bei dieser Methode werden die Humin- und Fulvosäurengehalte in den Extrakten nur indirekt über die Bestimmung des organischen Kohlenstoffs und anschließender Umrechnung mit dem Faktor 0,59 ermittelt. Da bei dieser Methode keine Ausfällung der Huminsäuren vorgesehen ist, werden praktisch die Gehalte an Humin- und Fulvosäuren undifferenziert in Summe ermittelt. Leider sieht dieser Standard vor, den Gehalt an organischem Kohlenstoff über die Titration mit Kaliumdichromat zu bestimmen, weshalb diese Methode nur noch von sehr wenigen Laboren durchgeführt wird. Als Alternative zur zeitaufwendigen und gesundheitsbedenklichen Verwendung von Kaliumdichromat bei der Bestimmung des organischen Kohlenstoffs in den Extrakten schlagen A. Volikov und I. Perminova die Verwendung von TOC-Analysatoren vor („Express Method of Determining the Humic/Fulvic Acids Ratio in Humic Substances by Total Organic Carbon Analyzer“).
Im Hinblick auf die beabsichtigte Qualitätskontrolle für Huminstoff-basierte Produkte initiierte die Humic Products Trade Association (HPTA) die Entwicklung eines neuen analytischen Standards für die Bestimmung der Konzentration von Humin- und hydrophoben Fulvosäuren in Düngemitteln. Basierend auf den Prinzipien der IHSS (International Humic Substances Society) sowie der ISO-Norm 12782-4/-5 (entwickelt von den niederländischen Bodenkundlern André van Zomeren und Rob Comans) erarbeitete das Team von Richard T. Lamar, Daniel C. Olk, Lawrence Mayhew, Paul R. Bloom die analytischen Grundlagen für die derzeit gültige ISO-Norm 19822, die im August 2018 durch das ISO/TC 134 (Düngemittel, Bodenverbesserer und nützliche Substanzen) in Kraft trat und von der Association of American Plant Food Control Officials (AAPFCO) genehmigt und vom CEN/TC 455 (Pflanzenbiostimulanzien und landwirtschaftliche Mikroorganismen) akzeptiert wurde.
Doch selbst wenn die ISO 19822 eine große Verbesserung darstellt, da sie den Einfluss anorganischer Anteile in Huminstoffen bei deren Quantifizierung beseitigt, bestimmt diese Norm nur den hydrophoben Anteil der Fulvosäuren, die nur einen Teil des Gesamtgehaltes an Fulvosäuren ausmachen. Darüber hinaus zeigen industrielle Nebenprodukte wie Ligninsulfonate ein ähnliches Verhalten wie Fulvinsäuren, auch wenn sie keine Huminstoffe sind. Aus diesem Grund schlägt ISO 19822 vor, den Schwefelgehalt der Probe zu bestimmen, um zwischen Lignosulfonaten und hydrophoben Fulvosäuren zu unterscheiden. Im Falle einer Überschreitung des Schwefelgehalts von 0,75% in den betroffenen Proben sollte zusätzlich eine weitere Charakterisierung durch FTIR-Analyse (Fournier-Transform-Infrarot-Spektroskopie) durchgeführt werden, um die Abwesenheit von Lignosulfonaten in dem beanspruchten Huminstoffprodukt zu bestätigen.
Auch wenn die neue ISO-Norm 19822 sicherlich Einschränkungen hinsichtlich der Bestimmung des Gesamtgehaltes an Fulvosäuren aufweist und zudem sehr arbeitsintensiv ist, ist sie derzeit die wichtigste Norm zum Nachweis und zur Gewährleistung der Qualität von Huminstoffprodukten. Daher ist Humintech als Mitglied der HPTA stolz darauf, die Bemühungen um eine nachhaltige Qualitätssicherung zu unterstützen.
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