Ökoadaptive Chemie und Technologie
Ökoadaptive Chemie und Technologie
Ist das die Grüne Revolution des 21. Jahrhunderts?
Von der Natur lernen, die Natur nachahmen, Prozesse aus der Natur adaptieren – all das versucht der Mensch schon seit jeher. Die Bionik und die naturnahe Technologie machen es vor, eine interne Forschungsgruppe der Firma HUMINTECH geht jetzt mit und hat sich mit der Frage beschäftigt, wie man komplexe Vorgänge aus der Natur in der Chemie reproduzieren kann. Der Begriff dafür: Ökoadaptive Chemie und Technologie.
Grüne Chemie als erste Antwort auf die zunehmende Chemophobie in der Gesellschaft
Nachdem sich Ende des letzten Jahrtausends die sogenannte grüne Chemie entwickelt hat, erschien vor kurzem die biomimetische oder naturnahe Technologie als logische Weiterentwicklung auf der Bühne der Wissenschaften.
Die grüne Chemie verschrieb sich vorsorgendem Umwelt- und Gesundheitsschutz bei der Entwicklung und Herstellung innovativer Produkte. Zwölf Prinzipien wurden formuliert, an die es sich zu halten gilt. Unter anderem sollen erneuerbare Rohstoffe und abfallarme Technik zum Einsatz kommen, die Produkte biologisch abbaubar sein. Das Ziel: eine möglichst geringe Belastung für Mensch und Umwelt. Biomimetische Technologien zielen darauf ab, chemische Werkzeuge und Materialien der Natur auf molekularer Ebene nachzuahmen.
Die Natur und die Chemie harmonisieren
Die Forschenden der Arbeitsgruppe um Dr. Irina Perminova gehen noch einen Schritt weiter: Um Chemie und Natur in Einklang zu bringen, braucht es mehr als nur naturnahe Ansätze. Ihr Konzept der ökoadaptiven Chemie und Technologie will die Natur adaptieren. Es nutzt die Methoden und Ergebnisse der Chemie, um die molekularen Mechanismen der Selbstorganisation zu verstehen, die biogeochemische Systeme nachhaltig belastbar und anpassungsfähig machen. Auf Basis dieses Verständnisses, sind die Forschenden überzeugt, könne man die Mechanismen der Natur durch Gestaltung naturähnlicher Systeme, Materialien und technologischer Prozesse reproduzieren.
Huminsäuren sind komplexe, natürliche Systeme mit lebenserhaltender Bedeutung
Das Konzept ist bei der Erforschung der vielfältigen Funktionen entstanden, die Huminsäuren in sämtlichen Ökosystemen der Welt innehaben. Ein vertieftes Verständnis der chemischen Mechanismen, die diesen Funktionen zugrunde liegen, kann die Basis für eine ökoadaptive Gestaltung von neuen, natürlich inspirierten Huminsäuren sein. Diese Design-Huminsäuren könnten sich selbst zusammensetzen und so zum Beispiel für die Boden- und Wassersanierung, die Kohlenstoffbindung, die Wiederherstellung der Bodenfruchtbarkeit und die Pflanzenernährung genutzt werden. Die Idee ist, Huminsäuren als polyfunktionale Matrix zu verwenden, in die reaktive Zentren eingebaut sind, die für die Reproduzierbarkeit der benötigten Eigenschaften sorgen. Der Ansatz dazu wurde bereits vor zehn Jahren in Zusammenarbeit mit Dr. Kirk Hatfield von der University of Florida entwickelt.
Huminstoffe erfüllen die Kriterien der grünen Chemie
Eines der überzeugendsten Argumente für die Nutzung von Huminsäuren als Ausgangsmaterial für die chemische Produktion ist die ausgezeichnete Kompatibilität mit den Prinzipien der grünen Chemie: Huminsäuren haben keinerlei negative Auswirkungen auf lebende Organismen. Sie sind wasserlöslich und oberflächenaktiv, sind also sowohl für wasserbasierte Technologien als auch für wasserbasierte Chemikalien anwendbar. Aufgrund ihres amphiphilen Charakters eignet sich Huminsäure auch als Träger hydrophober Komponenten, z.B. in Medikamenten.
Huminsäuren üben viele lebenswichtige Funktionen in der Umwelt aus
Die Konstellation dieser Eigenschaften ist es schließlich, die für die vielfältigen lebenserhaltenden Funktionen der Huminsäuren in der Umwelt sorgt. Die Akkumulationsfunktion beispielsweise beinhaltet die Fähigkeit, geochemische Barrieren zu bilden, die organische Verbindungen zurückhalten. Eine solche Fähigkeit lässt sich sinnvoll zur Sanierung von Gewässern, insbesondere von Grundwasser einsetzen. Eine der bedeutendsten Funktionen von Huminsäuren ist die Unterstützung der Wasserhaltefähigkeit und damit der wichtigen Funktion unseres Bodens als Wasserspeicher. Und nicht zuletzt haben Huminsäuren im Boden eine Depot- und Versorgungsfunktion. Sie binden Mikronährstoffe in bioverfügbarer Form und halten sie so über einen langen Zeitraum bedarfsgerecht für die Pflanzen verfügbar.
Vor diesem Hintergrund erscheinen huminstoffbasierte Produkte für die Entwicklung von aus der Natur inspirierten grünen Landwirtschafts- und Sanierungstechnologien mehr als geeignet. Sie könnten in Zukunft die umstrittene und viel kritisierte Agrarchemie zumindest sinnvoll ergänzen, wenn nicht gar ablösen.
Erfahren Sie mehr über die Funktionsweise und Eigenschaften von Huminsäuren.
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