Bei Leonardit handelt es sich um eine Kohle von niedrigem Inkohlungsgrad, die aus prähistorischem Pflanzenmaterial entstanden ist. Bei zu Tage tretenden Braunkohlevorkommen wird es in der Regel sehr nahe an der Oberfläche gefunden. Leonardit unterscheidet sich von Braunkohle durch den hohen Oxidationsgrad und die höherwertigen Carboxylgruppen. Das Vorhandensein großer Mengen an lebenden Bakterien bewirkte, dass in bestimmten Sedimentationsschichten Leonardit statt Kohle gebildet wurde. Als komprimierter natürlicher Humus, der durch mikrobielle Aktivität stark abgebaut wurde, verfügt Leonardit über einen hohen Gehalt an Huminsäure – einer der biochemisch aktivsten Substanzen. Leonardit enthält im Schnitt etwa 75–90 Prozent organischen Materials. Der Gehalt an Aluminium, Stickstoff, Phosphor, Kalium, Schwefel, Eisen und Kalzium liegt bei weniger als einem Prozent. Leonardit wird als natürliches Material abgebaut. Innerhalb einer Lagerstätte ist die Zusammensetzung des Leonardits sehr homogen; die Qualität der Leonardite verschiedener Lagerstätten kann sich jedoch stark unterscheiden.
Die Natrium-, Kalium- und Ammoniumsalze der Huminsäuren, die durch alkalische Extraktion aus Leonardit gewonnen werden, bezeichnet man als Humate. Natriumhumate werden beispielsweise als Druckfarben verwendet. Die Kaliumhumate kommen hingegen in der Landwirtschaft und im Gartenbau zum Einsatz. Nur sie sind vom Organic Materials Review Institute (OMRI) für die ökologische Landwirtschaft zugelassen worden.
Was sind Huminsäuren?
Huminsäuren sind komplexe organische Moleküle, die durch den Abbau von organischen Stoffen im Boden gebildet wird. Sie sind die Hauptfraktion der natürlichen Huminstoffe und fungieren als biologisches Zentrum im Boden. Es ist der Sammelbegriff für Huminsäure und Fulvosäure.
Huminsäuren stimulieren und fördern das Pflanzenwachstum und führen somit zu höheren Ernteerträgen. Huminsäuren verbessern die Bodenstruktur und steigern das Wasserrückhaltevermögen. Um beim Ackerbau die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, muss organisches Material bzw. Humus zugeführt werden. Dies kann durch die direkte Zugabe von Huminsäuren erfolgen, die eine zusätzliche Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit bewirken.
Die wichtigste Eigenschaft der Huminsäuren ist ihre Fähigkeit, Ionen zu binden und durch biochemische Reaktionen zu chelatisieren. Dadurch werden die Nährstoffe leichter für die Pflanzen verfügbar, sodass das Wachstum der Pflanzen gefördert wird. Huminsäuren wirken auf dreierlei Art auf Boden und Pflanzen ein: Sie verbessern die Bodenstruktur, erhöhen durch chemische Prozesse die Fixierungseigenschaften des Bodens und regen den Stoffwechsel der Pflanze sowie die Aktivität der Mikroorganismen an.
Ja, Huminsäuren wirken als natürlicher Chelator für im Boden befindliche Spurenelemente und Nährstoffe. Die Chelatisierung der Makro- und Mikronährelemente hat eine verbesserte Nährstoffaufnahme durch die Pflanzen zur Folge. Ohne das Vorhandensein von Chelaten liegen Eisen-, Kupfer-, Zink- und Manganionen (neben weiteren Spurenelementen) als unlösliche Hydroxide vor. Die Huminsäuren halten die Spurenelemente in Lösung und damit für die Pflanze verfügbar.
Huminsäuren können in gewachsenen Tonschichten eine wichtige Rolle bei der (Im-)Mobilisation (Komplexierung) toxischer Metallionen spielen. Ein Beispiel dafür sind Radionucleoide, die sich in geologisch tief gelegenen Untertage-Abfalldeponien für hochradioaktiven Abfall befinden.
Um ein besseres Verständnis zu gewinnen, wurden die Einflussfaktoren des Sorptionsverhaltens von Eu3+ und Gd3+ -Ionen – als homolog zu den Actiniden Am und Cm – unter verschiedenen Bedingungen untersucht. (Kautburger, Ralf; Beck, Horst P.: „Waste Disposal in Clay Formations: Influence of Humic Acid on the Migration of Heavy-Metal Pollutants“)
Es wurden die Effekte der Metalladsorption unter Einfluss von Huminstoffen auf die Metalldesorption von Tonmaterialien untersucht.
Die Desorption von Metallen tritt in Tonschichten auf, als Folge der Versauerungsprozesse im Boden. Im Allgemeinen wird der Desorption in Gegenwart von Humus entgegengewirkt. Für alle untersuchten Tonmaterialien wurde eine höhere Adsorption von Metallen an Huminsäuren in neutralen und sauren Bodensystemen festgestellt. Ein allgemein verwendeter Verbundansatz (linear additives Modell) wurde auf Eignung bei der Rekonstruktion der Fest-Flüssig-Verteilung von Metallen in ternären Systemen (Metall/Huminsäure/Ton) auf der Grundlage von Daten für binäre Teilsysteme getestet. Das Modell kann qualitativ den Einfluss von Huminsäure als Funktion des pH-Werts erläutern, jedoch fehlt noch der quantitative Nachweis. Es scheint, dass die Elementarprozesse (Metalladsorption, Metall-Huminsäure-Komplexierung; Huminsäureadsorption) nicht als unabhängig voneinander betrachtet werden können.
Entnommen aus: Lippold, H., Lippmann-Pipke, J.: „Effect of humic matter on metal adsorption onto clay materials: Testing the linear additive model“
Zusammenfassung:
Einfluss von Huminstoffen auf das Migrationsverhalten radioaktiver und nichtradioaktiver Schadstoffe unter naturnahen Bedingungen
Es wurde das Wechselwirkungsverhalten von Huminsäuren mit Uran (V1) sowie der Einfluss von Huminstoffen auf das Migrationsverhalten von Uran untersucht. Einen Schwerpunkt der Arbeiten bildete die Synthese von vier verschiedenartigen Huminsäuremodellsubstanzen sowie deren Charakterisierung im Vergleich zur natürlichen Huminsäure von Aldrich. Eine radiometrische Methode zur Bestimmung funktioneller Gruppen wurde neben herkömmlichen Methoden zur Bestimmung der Huminsäurefunktionalität eingesetzt. Die Modellhuminsäuren zeigen mit natürlichen Huminsäuren vergleichbare funktionelle und strukturelle Eigenschaften. Zur Bestimmung des Einflusses phenolischer OH-Gruppen auf das Komplexbildungsverhalten von Huminsäuren wurden modifizierte Huminsäuren mit blockierten phenolischen OH-Gruppen synthetisiert. Ein Syntheseverfahren für 14c-markierte Huminsäuremodellsubstanzen mit hoher spezifischer Aktivität wurde entwickelt. Das Komplexbildungsverhalten synthetischer und natürlicher Huminsäuren mit Uran (V0) wurde mittels Röntgenabsorptionsspektroskopie, laserinduzierter Fluoreszenzspektroskopie und FTR-Spektroskopie untersucht. Es wurde nachgewiesen, dass die synthetischen Huminsäuremodellsubstanzen ein mit natürlichen Huminsäuren vergleichbares Wechselwirkungsverhalten gegenüber Uran (V1) zeigen und somit die Funktionalität der natürlichen Analoga gut simulieren. Erstmals wurde unter Verwendung einer modifizierten Huminsäure der Einfluss phenolischer OH-Gruppen auf das Komplexbildungsverhalten von Huminsäuren untersucht. Im Rahmen von laserspektroskopischen Untersuchungen zur Komplexierung von Aldrich-Huminsäure mit Uran (V1) bei pH 7 wurde die Bildung eines Uranylhydroxyhumat-Komplexes nachgewiesen. Das Migrationsverhalten von Uran in einem sandigen, huminstoffreichen Grundwasserleiter wurde in Säulenexperimenten untersucht. Ein Teil des Urans wird ungehindert huminstoffgebunden durch das Sediment transportiert. Das Migrationsverhalten von Uran wird stark durch kinetisch kontrollierte Wechselwirkungsprozesse mit den Huminstoffkolloiden beeinflusst.
Der Einfluss von Huminsäuren auf die Sorption von Uran an Phyllit wurde in Batchexperimenten mit zwei verschiedenen Huminsäuren untersucht. Die Sorption von Uran an Phylit wird durch das vom pH-Wert abhängige Sorptionsverhalten der Huminsäuren beeinflusst.
Autoren:Susanne Pompe, Marianne Bubner, Katja Schmeide, Karl Heinz Heise, Gert Bernhard, Heino Nitsche
Huminsäuren düngen den Boden nicht wie herkömmliche Mehrnährstoffdünger, sind aber mit diesen mischbar. Die Huminsäuren verbessern die Verfügbarkeit von Nährstoffen und sorgen damit für eine ausgewogene und bedarfsgerechte Pflanzenernährung.
Wenn Huminsäuren von den Pflanzen in möglichst frühen Kulturstadien aufgenommen werden, zeigen sich die besten Ergebnisse:
Huminsäuren...
Durch entsprechende Versuche wurde gezeigt, dass Huminsäuren in allen landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen eingesetzt werden können. Da es sich um biologische Systeme handelt, ist der Einsatz von Huminsäuren von Wetter-, Wasser- und Bodenbedingungen abhängig. Huminsäuren vermindern die Wirkungen, die die Stressfaktoren Wärme und Wassermangel auf die Pflanze ausüben.
Hat Biokohle eine Berechtigung als Dünger oder zur Bodenverbesserung in der Landwirtschaft und im Gartenbau?
Es gibt seit mehr als zehn Jahren eine gewisse Aufregung um Biokohle (Pflanzenkohle, engl. biochar), der großartige Wirkungen zur Bodenverbesserung, zum Pflanzenwachstum, zur Kohlenstoff- Bindung im Boden und zur Bindung von Schwermetallen zugeschrieben werden. Biokohle sei „schwarzes Gold“ und die Ursache der Bodenfruchtbarkeit der Amazonas-Schwarzerden und Hauptkomponente der fruchtbaren Schwarzerden weltweit überhaupt. So wird Biokohle vom Spiegel, der taz, dem NDR und vielen weiteren Medien seit einigen Jahren für ein breites Publikum beschrieben.
Man muß leider einräumen, daß die so schreibenden Journalisten sich zwar auf Stichwortgeber aus der „Wissenschaft“ beziehen können, allerdings wäre für kritische, alle Seiten befragende Journalisten doch eher die Fragwürdigkeit des „Biochar-Hypes“ zu erkennen gewesen.
In den 1980er und 1990er Jahren entschieden sich einige Bodenkundler in Deutschland, genauer solche aus der Arbeitsgruppe von Wolfgang Zech in Bayreuth dazu, durch Feuer beeinflusste organische Kohlenstoffverbindungen im Boden (Biokohle, engl. black carbon, biochar oder pyrogenic carbon) als von besonderer Bedeutung für die Qualität und Menge der organische Bodensubstanz einzuschätzen. Die Biokohle soll sehr persistent sein, sich im Boden anreichern, ja sogar ein Indikator oder ein Maß für die Bodenfruchtbarkeit sein. Die Bayreuther Arbeitsgruppe publizierte eine Methode, Biokohle im Boden quantitativ nachzuweisen (Glaser et al., 1998). Mit dieser Methode fanden sie hohe Anteile von 30 Prozent Biokohle an der organischen Substanz in den fruchtbaren Terra Preta Böden des Amazonas Regenwaldes (Glaser et al., 2001). Die Arbeitsgruppe erhob die Düngung mit Biokohle zu einem Modell der nachhaltigen Bodenbewirtschaftung in den Tropen, d.h. sie hoben die Düngung mit Biokohle nochmals mit hoher rhetorischer Begründung heraus (Glaser et al., 2001). Parallel dazu wurden von einer weiteren deutschen Arbeitsgruppe mit engem Bezug zu Bayreuth, sowie einer kanadischen und einer internationalen Arbeitsgruppe Ergebnisse veröffentlicht, nach denen in fruchtbaren Europäischen, US-amerikanischen und kanadischen Schwarzerden zwischen 15 und 45 Prozent Biokohle bezogen auf die organische Substanz gefunden wurden (Schmidt et al., 1999; Ponomarenko und Anderson, 2001; Skjemstad et al., 2002). Bei diesen Ergebnissen wurde eine Methode verwendet, die Skjemstad et al. (1999) beschrieben haben. Im Wesentlichen legen die zitierten Arbeiten es nahe, daß die Fruchtbarkeit der Schwarzerdeböden auf ihre hohen Gehalte an Biokohle zurückzuführen ist. Schmidt et al. (2002) formulierten dies schon in ihrer Artikelüberschrift folgendermaßen: „Black chernozemic soils in central Europe originate from ancient biomass burning“.
Parallel dazu haben dieselben Autoren, Glaser et al.; Schmidt et al.; Skjemstad et al. im Jahr 2001 Ergebnisse zur Überprüfung der beiden verwendeten Methoden vorgelegt. Und da zeigt es sich, daß im Vergleich mit einer Referenzmethode die von Glaser et al. (1998) entwickelte Methode die Biokohlegehalte um den Faktor 10 – 15 überschätzt, die von Skjemstad et al. (1999) eingeführte Methode die Biokohlegehalte noch stärker fehlüberschätzt, bis zum Faktor von 500 (siehe auch dazu Gerke, 2019). Während also die Autoren B. Glaser, M.W.I. Schmidt und J.O. Skjemstad mittels einer methodischen Überprüfung die Ungeeignetheit der von ihnen entwickelten und verwendeten Methoden im Jahr 2001 aufzeigen, veröffentlichen sie parallel oder danach weitreichende Interpretationen zu der Rolle von Biokohle für die Bodenfruchtbarkeit, die, wie sie selber wußten, mit Methoden gewonnen wurden, die den Biokohlegehalt in Böden stark überschätzen. Dazu kommt noch in Bezug auf die von Glaser et al. (1998) verwendete Methode, daß diese vor allem Huminstoffe erfasst, aber nicht Biokohle (Chang et al., 2018). Die Amazonas-Schwarzerden/Terra Preta Böden sind also aufgrund der hohen Gehalte an Huminstoffen so dunkel und so fruchtbar, pyrogener Kohlenstoff spielt dabei eine geringe oder gar keine Rolle. Der gesamte Hype um die Biokohle als dem schwarzen Gold des Amazonas fällt damit in sich zusammen (siehe auch Gerke, 2021). In Brasilien selbst gibt es diesen Hype um Biokohle nicht.
Alle der Biokohle zugeschriebenen Funktionen, die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit, die Versorgung der Böden mit stabilem organischen Kohlenstoff , die Verbesserung des Pflanzenwachstums und der Einfluss auf die Kohlendioxid- Konzentration der Luft werden vermutlich vor allem von Huminstoffen im Boden geleistet.
Dazu muß man nicht nur die analytischen Defizite bei der Biokohlebestimmung und die Arbeit von Chang et al. (2018) mit heranziehen, die Ergebnisse zum Einfluss der Biokohle auf das Pflanzenwachstum sind eindeutig. Im Jahr 2017 veröffentlichten Jeffery et al. eine Metastudie über den Einfluss der Biokohledüngung auf das Pflanzenwachstum einerseits von tropischen Kulturen, andererseits von Kulturen der gemäßigten Klimate. Jeffery et al. (2017) sammelten also das verfügbare Datenmaterial insgesamt und werteten dieses aus. Ihre Ergebnisse besagen folgendes:
Aus den bisherigen Erläuterungen ergeben sich folgende Fesstellungen und Folgerungen:
Veröffentlichung : http://ostdeutsche-bodenpolitik.de/2021/06/14/hat-biokohle-eine-berechtigung-als-duenger-oder-zur-bodenverbesserung-in-der-landwirtschaft-und-im-gartenbau/